Föderaler Krisenplan angesichts explodierender Energiepreise

Die Föderalregierung hat beschlossen, die Unterstützungsmaßnahmen für die Bevölkerung (Mehrwertsteuersenkung und Sozialtarif für eine Million Haushalte) zu verlängern, um dem explosionsartigen Anstieg der Energiepreise entgegenzuwirken. Die Banken verpflichten sich ihrerseits, die am stärksten betroffenen Familien zu schützen. So sollen auch die Übergewinne des Sektors zwecks Finanzierung eines Solidaritätsfonds abgeschöpft werden. Die Regierung ruft zudem Bürger und Unternehmen dazu auf, ihren Verbrauch zu senken und mit gutem Beispiel voranzugehen.

Belgien ist im Hinblick auf die Versorgung gut aufgestellt

Der Winter steht zwar noch nicht vor der Tür, doch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sind europaweit zu spüren: Die Energiepreise explodieren. Dank seiner zentralen Lage in Westeuropa und der hochgradig vernetzten Infrastruktur mit unseren Nachbarländern nimmt Belgien nach wie vor eine einzigartige Position in Bezug auf die Versorgung ein. Diese zentrale Lage schützt uns.

Was das Gas betrifft, so sind die „Slots“ am Terminal in Zeebrügge seit mehreren Monaten beinahe voll gefüllt. Der Speicher in Loenhout ist inzwischen zu mehr als 80 % gefüllt, womit wir dem von der Europäischen Kommission vorgeschriebenen Füllstand um mehr als einen Monat voraus sind.

Was die Stromversorgung betrifft, so wurden die Erzeuger aufgefordert, die maximale Verfügbarkeit zu gewährleisten, indem sie für diesen Winter eventuell geplante Wartungsarbeiten an den Anlagen auf das Frühjahr verschieben. Der Betreiber wurde außerdem aufgefordert zu prüfen, inwieweit es möglich ist, die endgültige Abschaltung von Tihange 2 bis spätestens auf den 31. März 2023 zu verschieben.

Dank der zusätzlichen Maßnahmen des Winterplans 2022, der zu Beginn dieses Sommers vorgestellt wurde, dürfte Belgien dem Winter gelassen entgegensehen können. Falls der Winter nicht strenger als normal ausfällt, wird unser Land einen Energieüberschuss haben, den wir dann unseren Nachbarn zur Verfügung stellen können.

Das Problem = Die Preise

Die derzeitigen Großhandelspreise für Gas und Strom sind so unverhältnismäßig hoch, dass ein Markteingriff erforderlich ist. In Asien liegt der Großhandelspreis für LNG bei 150 €/MWh und in Amerika bei 30 €/MWh. Es gibt keinen Grund, warum die Gaspreise in Europa (300 €/MWh) ein Vielfaches dieser Preise betragen, wenn das Gas nur für ein paar Euro pro MWh nach Europa transportiert wird.

Durch die Koppelung an den hohen Gaspreis spiegelt der Großhandelsstrompreis nicht mehr die Kosten für die Erzeugung einer kWh Strom wider. Ein Großteil davon wird von Kraftwerken (erneuerbare Energien und KKW) erzeugt, die nicht mit den steigenden Brennstoffkosten konfrontiert sind. In Europa klafft eine große Lücke zwischen Kosten und Preisen. Der Markt funktioniert nicht mehr. Wir müssen also eingreifen. Aus diesem Grund setzt sich Belgien seit März auf europäischer Ebene für eine Obergrenze bei Gaspreisen und eine Neuberechnung der Strompreise ein. Mit Befriedigung stellen wir fest, dass dies endlich auf europäischer Ebene in Angriff genommen wird.

Den Schock abfedern

Das derzeitige Preisniveau und der Druck, den diese Preise tagtäglich auf die Haushalte und Unternehmen ausüben, erfordern ein koordiniertes politisches Vorgehen. Auf föderaler Ebene wurden mehrere Entscheidungen getroffen, um den Energiepreisschock in Belgien so weit wie möglich abzufedern. Sie stützen sich auf sechs Schwerpunkte:

1. Senkung des Verbrauchs

Die billigste Energie ist die Energie, die wir nicht verbrauchen. Indem wir weniger Gas, Strom und Kraftstoff verbrauchen, können wir die Nachfrage senken und so das Kräfteverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf den Märkten umkehren. Dies erfordert gemeinsame Anstrengungen. Es betrifft Bürger, Unternehmen und Behörden gleichermaßen. Um diese Dynamik in Gang zu setzen, hat die Föderalregierung beschlossen, die Temperatur in all ihren Gebäuden auf 19 Grad abzusenken. Die Nutzung von Klimaanlagen wurde reguliert (bis zu einer Höchsttemperatur von 27 Grad). Die Beleuchtung in föderalen Gebäuden und von Denkmälern wird zwischen 19 Uhr und 6 Uhr abgeschaltet. 

2. Hilfen für die Bevölkerung

Die Föderalregierung hat beschlossen, alle bestehenden Hilfspakete bis zum Ende des kommenden Winters (31. März 2023) zu verlängern.

  • Ausweitung der Zielgruppe für die Sozialtarife (zugunsten von einer Million Haushalte)
  • Senkung der Verbrauchssteuern auf Benzin und Diesel
  • 6 % Mehrwertsteuer auf Strom und Gas
  • identische finanzielle Ausgleichsmaßnahmen für Heizöl

Darüber hinaus werden Gespräche mit den Energieversorgern geführt, um sicherzustellen, dass Verbraucher, die einen Tilgungsplan in Ratenform beantragen, diesen auf Wunsch auch erhalten.

3. Unterstützung durch die Banken für die am stärksten betroffenen Haushalte

Die Föderalregierung verhandelt mit dem Finanzsektor, um den am stärksten betroffenen Haushalten unter anderem durch den Aufschub der Rückzahlung von Hypothekenzahlungen unter die Arme zu greifen. Die Banken werden Produkte entwickeln, um den Zugang zu Energiesparmaßnahmen zu vereinfachen.

4. Hilfen für Unternehmen

Die Föderalregierung prüft gemeinsam mit den Regionen die Umsetzung des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen befristeten Krisenrahmens in Belgien, um unsere Unternehmen angesichts der steigenden Preise zu unterstützen. Es werden Konsultationen mit den am stärksten betroffenen Sektoren, den Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, stattfinden.

5. Förderung von Investitionen in nachhaltige Lösungen und Isolierung

Die Föderalregierung hat bereits die Mehrwertsteuer für Investitionen in Sonnenkollektoren, Solar-Wärmespeicher und Wärmepumpen von 21 % auf 6 % für Häuser, die weniger als zehn Jahre alt sind, gesenkt (Maßnahme läuft bis Ende 2023). Die Senkung der Mehrwertsteuer auf 6 % für Abriss und Wiederaufbau wurde zu den gleichen Bedingungen bis Ende 2023 verlängert.

6. Kampf gegen Übergewinne

Die Regierung wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Übergewinne, die bestimmte Energieunternehmen derzeit erzielen, „abzuschöpfen“. Eine Arbeitsgruppe aus Experten der CREG, des FÖD Wirtschaft und des FÖD Finanzen wird untersuchen, wo diese überschüssigen Gewinne anfallen, ob sie in Belgien abgeschöpft werden können und welche steuerlichen und rechtlichen Instrumente zu diesem Zweck eingesetzt werden können, wobei gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen im Energiesektor gewährleistet bleiben müssen.

Im Bereich der Kernenergie gehen wir dieses Problem für die vier jüngsten Kraftwerke bereits an, und zwar über die Gesellschaftssteuer, aber auch über eine zusätzliche Abgabe im Rahmen des Umlagebeitrags. Diese Abgabe wird in diesem Jahr von 750 auf 838 Millionen Euro angehoben, ein Betrag, der vollständig an die Verbraucher weitergegeben werden wird.