Die erste und die zweite Staatsreform

Mit der Verfassungsreform von 1970 wurden die drei Kulturgemeinschaften gegründet. Juristisch betrachtet bedeutete dies den Beginn des Prozesses der Staatsreform.

Das Entstehen der drei Kulturgemeinschaften ist, wie schon der Name vermuten lässt, ein Zeichen für eine gewisse Autonomie im kulturellen Bereich. Allerdings sind die Zuständigkeiten der Kulturgemeinschaften noch äußerst begrenzt.

Diese Reform ist eine Antwort auf das Streben der Flamen nach kultureller Autonomie.

1970 wurde zudem der Grundstein für die Schaffung von drei Regionen gelegt. Diese erhalten jede ihr eigenes Territorium und müssen vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet aktiv sein. Die Regionen sind eine Antwort auf die Bestrebungen der französischsprachigen Belgier - Wallonen und französischsprachige Brüsseler - nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit.

1980 findet die zweite Staatsreform statt. Die 1970 begonnene Arbeit wird fortgesetzt.

1980 werden die Kulturgemeinschaften schlichtweg zu Gemeinschaften. Dies geschieht, damit sich die Gemeinschaften neben den kulturellen Angelegenheiten auch mit personengebundenen Angelegenheiten, wie Gesundheit und soziale Unterstützung, befassen können.

Dem gemäß heißen diese drei Gemeinschaften ab 1980: die Flämische Gemeinschaft, die Französische Gemeinschaft und die Deutschsprachige Gemeinschaft. Diese Gemeinschaften erhalten jeweils einen Rat (das ist ihr Parlament) und eine Regierung.

Mit der Staatsreform von 1980 werden auch zwei Regionen gegründet: die Flämische Region und die Wallonische Region. Auch sie haben einen Rat und eine Regierung. Zu beachten ist Folgendes: in Flandern verschmelzen von Anfang an die Regierung und der Rat der Flämischen Region mit der Regierung und dem Rat der Flämischen Gemeinschaft. In Flandern hat man somit für die Gemeinschaften und die Regionen eine einzige Regierung und einen einzigen Rat.

Die Französischsprachigen haben die Institutionen der Französischen Gemeinschaft und der Wallonischen Region nicht zusammengelegt. Es gibt sehr viel mehr französischsprachige Brüsseler im Verhältnis zu den französischsprachigen Wallonen, als es niederländischsprachige Brüsseler im Verhältnis zu den Flamen gibt.

Hinsichtlich dieser zweiten Phase im Jahr 1980 sei noch vermerkt, dass die Region Brüssel, wenngleich 1970 anerkannt, doch (was ihre Institutionen betrifft) noch 'auf Eis' liegen bleibt. Das ändert sich jedoch bei der folgenden, der dritten Staatsreform.