Die sechste Staatsreform

Das institutionelle Abkommen zur sechsten Staatsreform mit dem Titel “ Ein effektiverer Föderalstaat und mehr Autonomie für die Teilstaaten ” vom Dezember 2011, sieht eine bedeutende Staatsreform vor, die in mehreren Etappen durchgeführt wird.

Der erste Teil der Staatsreform wurde im Juli 2012 verabschiedet. Dieser Abschnitt betrifft in erster Linie die Spaltung des Bezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde (BHV). Zusätzlich zur Spaltung des Wahlbezirks wird auch der Gerichtsbezirk BHV reformiert.

Die Reform des Gerichtsbezirks BHV führt langfristig zur Bildung einer neuen niederländischsprachigen Staatsanwaltschaft für Halle-Vilvoorde, mit eigenem Staatsanwalt, allerdings ergänzt durch eine bestimmte Anzahl an zweisprachigen Richtern und Staatsanwälten. Die zweisprachige Staatsanwaltschaft Brüssel verfügt über einen französischsprachigen Staatsanwalt sowie einen niederländischsprachigen stellvertretenden Staatsanwalt. Die Brüsseler Gerichte werden aufgeteilt in niederländischsprachige und französischsprachige Gerichte, die jeweils über einen eigenen Präsidenten und eigene Richter verfügen. Der genaue Rahmen wird basierend auf einer Beurteilung des Arbeitsaufkommens festgelegt, die spätestens im Juni 2014 abgeschlossen sein soll. Die Sprachgesetzgebung ist ebenfalls in bestimmten Punkten abgeändert und zwar insbesondere im Hinblick auf den Gebrauch von Sprachen im Bereich der Gesetzgebung.

Der Gerichtsbezirk Brüssel ist einer der 12 neuen Gerichtsbezirke, die durch die Reform entstanden sind.

Was den Wahlbezirk betrifft, wurde der BHV aufgeteilt in den Wahlbezirk Flämisch-Brabant und den Wahlbezirk Brüssel-Hauptstadt (19 Gemeinden). Diejenigen Personen, die  im Bezirk Flämisch-Brabant wohnen, aber nicht in einer der sechs Fazilitätengemeinden, können nur für die Kandidaten der Listen des Bezirks Flämisch-Brabant stimmen. Die Personen, die in einer der sechs Fazilitätengemeinden leben, können entweder die Kandidaten des Bezirks Flämisch-Brabant oder diejenigen des Bezirks Brüssel-Hauptstadt wählen. Die Einwohner des Wahlbezirks Brüssel-Hauptstadt wiederum, können ausschließlich für die Brüsseler Kandidaten stimmen.

Die Ernennung von Bürgermeistern verbleibt im Zuständigkeitsbereich der flämischen Region. Allerdings hat die Generalversammlung der Verwaltungsstreitsachenabteilung des Staatsrates künftig das letzte Wort bei Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Ernennung von Bürgermeistern in den sechs Fazilitätengemeinden.

Der Gesetzgeber plant die Gründung der hauptstädtischen Gemeinschaft Brüssel im Hinblick auf die Konzertierung unter den verschiedenen Verwaltungsebenen bei überregionalen Themen. Die neue Gesetzgebung sieht zusätzliche Finanzmittel für die Region Brüssel-Hauptstadt vor. Dies geschieht in Form von Entschädigungen für fehlende Einnahmen sowie in Form von Extra-Ausgaben für Mobilität, Sicherheit und die internationale Rolle der Region.

Das Wahlverfahren für Belgier im Ausland wurde vereinfacht und angepasst, um eine natürlichere Verteilung dieser Stimmen auf die verschiedenen Kantone und Wahlbezirke sicherzustellen.

Das Wahlrecht wurde mehr und mehr angepasst, um die Demokratie und die politische Glaubwürdigkeit zu stärken. Künftig ist in der Gesetzgebung verankert, dass Mitglieder eines Parlaments, die für ein neues Mandat gewählt wurden, auch genau dieses Mandat ausüben und ihr altes verlieren. Es wird nicht mehr möglich sein, gleichzeitig als ordentlicher Kandidat und als Ersatzkandidat im Wahlverzeichnis zu stehen, genauso wenig, wie es möglich sein wird, sich bei regionalen oder europäischen Wahlen, die am selben Tag stattfinden, auf verschiedene Listen setzen zu lassen. Dieses Sondergesetz tritt am 1. Januar 2014 in Kraft, mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Wahlen 2014.

Die notwendigen Gesetzestexte wurden am 22. August 2012 im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht und ermöglichen damit die praktische Umsetzung dieses ersten Teils der Staatsreform.